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So trifft die Kürzung der J+S-Beiträge die Pfadi-Sommerlager

Müssen Pfadileiter bald bezahlen? So trifft die Kürzung der J+S-Beiträge die Sommerlager

Wer seine Kinder ins Lager schicken will, könnte künftig deutlich mehr bezahlen müssen. Die J+S-Gelder machen oft beinahe die Hälfte des Lagerbudgets aus. Der Widerstand bleibt hoch.
05.07.2025, 18:5305.07.2025, 18:53
Michael Graber / ch media
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Das Abenteuer beginnt. An diesem Wochenende reisen wieder Zehntausende Kinder und Jugendliche ab ins Lager. Pfadis, Blauring, Jungwacht, Jungscharen und weitere Vereine schlagen ihre Zelte auf oder haben eine passende Unterkunft gemietet. Das Sommerlager ist der Höhepunkt des Jahres.

Bereits für das kommende Jahr könnten sich die Lager aber verteuern. Das Bundesamt für Sport (Baspo) hat bekannt gegeben, dass die Beiträge ab 2026 um 20 Prozent gekürzt werden. Wie elementar diese Bundesgelder für das Lagerleben sind, zeigt ein typisches Budget, das die Pfadibewegung Schweiz für CH Media aufgestellt hat.

Bei einem durchschnittlichen Pfadilager über zwei Wochen mit dreissig Teilnehmerinnen und Teilnehmern und zehn Leitungs- und Betreuungspersonen (etwa Küche) machen die J+S-Gelder derzeit mehr als die Hälfte der Einnahmen aus. Dafür kann der Lagerbeitrag mit 160 Franken tief gehalten werden und bildet so kein Hindernis für Familien mit geringem Budget.

Teurere Lager sind die Folge

Sinken nun die Beiträge wie geplant von 16 Franken pro Tag auf 12.80 Franken, so entsteht für das Lager in diesem Beispiel eine Finanzierungslücke von rund 1150 Franken. Die wahrscheinlichste Form der Kompensation ist eine Erhöhung der Lagerbeiträge für die Eltern: In diesem Beispiel würde das rund 40 Franken pro Kind ausmachen.

Ein Pfadilager im Kanton Luzern. Die Vereine werden von der Kürzung der J+S-Gelder getroffen.
Ein Pfadilager im Kanton Luzern. Die Vereine werden von der Kürzung der J+S-Gelder getroffen.Bild: Dominik Wunderli/ ch media

Das klinge nicht nach viel, könne aber für Familien mit tiefem Einkommen oder mehreren Kindern im Lager schnell zur Belastung werden, heisst es bei Pfadi Schweiz. Und allenfalls auch zum Hindernis, um überhaupt ins Lager zu gehen. Klar ist auch: Kostet der Lagerbeitrag bereits heute mehr als 160 Franken, dürfte auch der Aufschlag höher ausfallen als die 40 Franken im Beispiel. So wäre bei einem derzeitigen Beitrag von 320 Franken eine Erhöhung um 80 Franken nicht unrealistisch.

Die J+S-Beiträge dienen in den Lagern vielfach auch als Quersubventionierung für die ehrenamtlichen Leiterinnen und Köche. Für diese werden vom Bund keine Beiträge entrichtet. Dafür erhalten sie bis 30 Jahre eine Woche Jugendurlaub, wenn sie in einem Lager mithelfen - allerdings ist diese zusätzliche Ferienwoche meist unbezahlt. Auch darum versuchen viele Pfadis, bei den Leitungspersonen zumindest keine zusätzlichen Lagergebühren zu erheben.

Die Pfadibewegung Schweiz schreibt dazu: «Jeder investierte Franken wird durch das ehrenamtliche Engagement der jungen Leitenden um ein Vielfaches multipliziert.» Der Bund würde mit «verhältnismässig wenig Geld» eine grosse Wirkung erzielen. Mehrere Studien nennen Wertschätzung und Anerkennung als wichtige Pfeiler, warum Menschen Freiwilligenarbeit leisten. Müssten Freiwillige in den Lagern, in denen sie mithelfen, auch noch für Essen und Unterkunft bezahlen, dürfte die Bereitschaft deutlich sinken.

Das Bundesamt für Sport kürzt die J+S-Beiträge, da der Fördertopf nicht mehr ausreicht. Die Mittel sind auf 115 Millionen Franken gedeckelt. Das Amt selbst kann diesen Betrag nicht erhöhen – das liegt in der Kompetenz des Parlaments. Der Bundesrat hat aber eben erst seinen Budgetentwurf für das kommende Jahr vorgelegt: Die Regierung fordert beim J+S keine Erhöhung der Mittel.

Da gleichzeitig immer mehr Kinder und Jugendliche bei J+S-Aktivitäten mitmachen, habe man gar keine andere Wahl, «als die vorhandenen Mittel auf mehr Nutzniesser aufzuteilen», schreibt das Baspo. Es sei darum auch keine eigentliche Sparmassnahme – da ja immer noch gleich viel Geld ausgeschüttet werde. Insgesamt haben im vergangenen Jahr 680'000 Kinder und Jugendliche an J+S-Angeboten teilgenommen. Insgesamt sei es ein Erfolgsmodell und wachse kontinuierlich.

Die Politik will Beiträge beibehalten

Derzeit stehen die Zeichen so, dass National- und Ständerat wohl die Pro-Kopf-Beiträge für die Lager und Sportvereine nicht senken wollen. Parlamentarier aus allen Parteien haben ihren Widerstand angekündigt und eine entsprechende Petition hat knapp 150'000 Unterschriften.

Wie viel mehr Geld nötig wäre, um den Status quo zu erhalten, kann das Baspo nicht genau beziffern. Das hänge auch davon ab, wie stark das Angebot im kommenden Jahr wachse. Realistisch sei eine Aufstockung zwischen 15 und 30 Millionen Franken pro Jahr. Das ist aufs Bundesbudget nicht sonderlich viel Geld. Entscheiden wird das Parlament aber voraussichtlich erst in der Wintersession.

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Das Pfadi-Bundeslager in der Schweiz, 2008
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quelle: keystone
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101 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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ingmarbergman
05.07.2025 19:10registriert August 2017
Das ist doch ok, finden unser bürgerliches Parlament und alle die SVP/FDP/Mitte wählen.

Immerhin zahlen dann Blocher, Vasella, Ermotti usw. deutlich weniger Steuern. Das muss den Bürgern doch die paar Franken mehr für ein Lager Wert sein. 👍
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PapaSchlumpf
05.07.2025 19:26registriert März 2023
Diese Lager sind identitätsfördernd und zeigen den Jugendlichen auf, wie man in einer Gemeinschaft lebt. Sie sind wichtig und Einsparungen sind hier fehl am Platz. Werft stattdessen im Militärdepartement diese unsäglich inkompetenten Beschaffer raus, die nicht die Interessen des Staates, sondern die Interessen von wenigen Profiteuren vertreten. Die eingesparten Kosten lösen das Problem bei J&S und bringen die gesamte Gesellschaft weiter.
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sinkflug
05.07.2025 19:16registriert Juli 2020
Natürlich ist das eine Sparmassnahme! Die Bevölkerung ist gewachsen, die Preise sind gestiegen, wenn die Beiträge nicht erhöht werden, ist das eine Sparmassnahme auf dem Buckel unserer Kinder und der Jugendlichen, die diese Lager ehrenamtlich organisieren und betreuen.
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Der Kaiser spricht Schweizerdeutsch
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